Ein Hund im Kaufhaus

Ein Hund im Kaufhaus - und das soll erlaubt sein?

 

Ja, das ist es, zumindest für Blindenführhunde im Dienst. Sie helfen Blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen, sich gefahrenfrei zurecht zu finden.Außerdem sind sie sehr treue Begleiter.

 

Die Voraussetzung: Eine sehr gute Ausbildung des Hundes, welche meist von der jeweiligen Krankenkasse finanziert wird. Als Blindenhunde sind Labrador Retriever, Deutsche Schäferhunde, Großpudel und Golden Retriever am besten geeignet. Sie haben die ideale Körpergröße für Blindenführhunde (55 bis 65

Zentimeter) und sie sind sehr menschenbezogen, freundlich, arbeitsfreudig und belastbar.

 

Bevor der Hund aber überhaupt ausgebildet wird, muss der Blinde oder hochgradig sehbehinderte Mensch bei seinem Hausarzt nachfragen, ob er einen Blindenführhund überhaupt braucht. Dieser schreibt dann einen Brief an die jeweilige Krankenkasse, in welchem bescheinigt wird, dass ein Blindenführhund notwendig oder sehr hilfreich ist. Die Krankenkasse setzt sich nach Erhalt des Schreibens mit einer Hundeschule, die Blindenführhunde ausbildet und in der Nähe des Versicherten ist, in Verbindung. "Solche Hundeschulen gibt es aber nicht oft, da die Ausbildung von Blindenhunden staatlich leider nicht anerkannt ist. So muss derjenige, der diese Ausbildung machen möchte, dies in Hundeschulen erlernen. Das wissen aber die  wenigsten!", sagte Solveig Burauen, die Trainerin von Blindenführhunden in der gleichnamigen Hundeschule in Köln.

 

Erziehung muss liebevoll und konsequent sein Zuvor muss der Blinde oder hochgradig sehbehinderte Mensch geprüft werden, ob er sich nur an einer Wegbeschreibung orientieren könnte, da ihm sonst der  Blindenführhund nicht gewährt wird. Wenn die Hundeschule einen Hund da hat, der zu ihm passen würde und circa ein Jahr alt ist, beginnt die eigentliche Ausbildung.

 

Die "normale" Ausbildung fängt schon im Alter von etwa neun Monaten an. Mit diesem Alter wird er in eine Pflegefamilie integriert. Diese sollte viel Zeit für Unternehmungen und Interesse gegenüber dem Hund aufbringen können.Bei dieser Familie erhält er dann eine liebevoll-konsequente Grunderziehung und wird sozialisiert, das heißt, dass der Junghund in die Familie aufgenommen wird und sich dort auch an einige Regeln halten muss. Zwei Beispiele für solche Regeln sind nicht auf dem Sofa zu liegen und nicht am Esstisch zu betteln. Hier wird er schon spielerisch auf seinen späteren Einsatz als Blindenführhund vorbereitet, indem die Pflegefamilie mit ihm Bus und Bahn fährt.

 

Mit einem Alter von ungefähr einem Jahr kommt er in die Blindenführhundschule und durchläuft dort intensive Gesundheits- und Wesenstests. Die Wesenstests sind sehr wichtig, da zum Beispiel ein total ungehorsamer Hund nur langsam oder gar nicht trainiert werden kann. Wenn er die Tests ohne negative Auffälligkeiten bestanden hat, wird mit der eigentlichen Ausbildung, die etwa sechs bis zwölf Monate dauert, begonnen.

 

Die eigentliche Ausbildung beinhaltet die vierzig wichtigsten Hörzeichen, Charakterfestigung und die Gefahrenerkennung. Hörzeichen sind zum Beispiel bei "normalen" Hunden "Sitz!", "Platz"!, "Pfote!" und noch viele mehr.

 

Blindenhunde ziehen ihr Geschirr auch alleine an In seiner Ausbildungszeit zum Blindenführhund lernt der Hund, sich das Geschirr auf eins der wichtigsten Hörzeichen fast selbstständig anzulegen, wobei er immer Futterbelohnungen bekommt. Wenn der Hund arbeitsfreudig ist, zieht er das Geschirr später sogar freiwillig und ohne Belohnung an. Dann muss es ihm einfach nur noch hingehalten werden und er "zieht es an". Er lernt mit Hilfe der Hörzeichen Treppen, Türen, Lifte, öffentliche Verkehrsmittel, leere Sitzgelegenheiten, Ampeln, Zebrastreifen, Telefone, Briefkästen, so wie bestimmte Ziele, wie den Bäcker oder den Metzger aufzusuchen. Dies erklärte Solveig Burauen im Interview.

 

Außerdem lernt er in großen Gebäuden wieder den Ausgang zu finden - dies auch, wenn er einen Aufzug benutzen muss. Er lernt sogar Hörzeichen wie "rechts", "links", "kehrt" und "voran" und diese gefahrenfrei umzusetzen, das heißt gefahrenfrei für den Blinden, den Hund selbst, aber auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer. Abgesehen davon lernt der spätere Blindenführhund in der Ausbildungszeit, Hindernisse wie Blumentöpfe, Schilder in Kopfhöhe und Gegenstände auf dem Boden anzuzeigen und selbstständig, ohne Hilfe des Blinden, zu umgehen. Er lernt auch Engstellen,  in denen der Blinde sich verletzen könnte, wie zum Beispiel auf dem Gehsteig  geparkte Autos, mit stehenbleiben und/oder hochspringen anzuzeigen. Auch lernt er einen Ausweg bei Baustellen selbstständig zu finden und mit seinem Führer zu begehen.

 

Besonders wichtig ist bei der Ausbildung die Gefahrenschulung des Hundes:Auf dem Bahnsteig muss der Hund lernen immer genug Abstand zur Bahnsteigkante zu halten, damit sein Führer nicht auf die Gleise stürzt. Und an der Straße muss der Hund geschult werden, zuverlässig am Ende eines Bürgersteigs stehen zu bleiben, egal ob der Bürgersteig abgeflacht ist oder nicht. Er muss auch lernen, dass er die Straße nur überqueren darf, wenn die  Fahrzeuge stehen oder kein Fahrzeug kommt. Ampelfarben können Hunde nicht erkennen, Hunde sehen alles in Schwarz-Weiß. Sie orientieren sich auch an anderen Personen und an dem Ticken der Ampelanlagen.

 

Hindernisse für Blinde müssen Hunde erkennen Nach der Ausbildung des "einfachen" Hundes zum Blindenführhund steht eine für Erstführhundhalter umfassende theoretische und praktische Einarbeitungszeit, die maximal 28 Arbeitstage dauert, bevor. Auch wenn der baldige Blindenhundführer schon einmal einen Blindenführhund hatte, stehen ihnen wenigstens 14 Arbeitstage bevor.

 

Am Ende der gemeinsamen Ausbildung von Hund und Hundeführer müssen sie eine sogenannte Gespannprüfung ablegen. Bei dieser wird die sichere Führung im Straßenverkehr, Beobachtung der Verkehrssituation durch Hund und Halter, sowie die Gebung von Warnhinweisen durch den Hund genauestens beachtet.Außerdem muss der Hund den Hundeführer vor Hindernissen warnen, die zwar für  den Hund ungefährlich, für den Halter aber verletzungsgefährdend sind (zum Beispiel Schilder). Dies alles wird auf einer durchschnittlichen Wegstrecke,  das heißt mit dem Bus zum Einkaufen und zurück, getestet. Außerdem wird auch 

die Reaktion des Führers auf Warnhinweise des Führhundes von einem speziell ausgebildeten Hundetrainer genauestens beobachtet.

 

Wenn der Hund sich nach seiner Ausbildung zurückentwickelt, was aber sehr selten ist, muss er mit seinem Führer in "ihrer" Blindenführhundschule nachgeschult werden. Ist dies aus Gründen, wie einer totalen Wesensveränderung, durch zum Beispiel einen Unfall, nicht möglich, muss meist ein anderer Blindenführhund bei dem Führer zum Einsatz kommen.

 

Entwickelt er sich aber nicht zurück, steht ihnen ein glückliches und ein befreiteres Leben für den Blinden beziehungsweise hochgradig sehbehinderten Menschen bevor.

 

Im Haus ist er ein ausgesprochen ruhiger Mitbewohner, im Führgeschirr ist er  eifrig und ausdauernd, im Freilauf temperamentvoll. "Seine" Bezugsperson ist  für ihn das Ein und Alles! Fremden Menschen gegenüber zeigt er sich sehr freundlich, aber zurückhaltend. So fleißig, wie er gelernt hat, wird "Barny"  noch lange einem Blinden oder hochgradig sehbehinderten Menschen dienen können.

 

(c) Jenny Reiß, Klasse 8a, Freies-Christliches-Gymnasium, Düsseldorf

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