Hannoversche Allgemeine - Helfer auf 4 Pfoten

 

 

Verkäufer lesen die Preise vor

 

(Von Daniel Junker Gleidingen.)

 

Wem Olaf Lichy mit seiner Hündin Indigo auf der Straße entgegenkommt, fällt er sofort auf. Denn der 53-Jährige bewegt sich anders als andere: Der Gleidinger ist blind, seitdem er 18 Jahre alt ist. Schon seit seinem elften Lebensjahr konnte er kaum noch sehen. Trotzdem findet sich Lichy in Gleidingen gut zurecht – und wo es doch einmal schwierig ist, führt ihn seine Hündin über Bürgersteige und Straßen. Selbst auf der Straße Am Leinkamp, die seit kurzem vollständig saniert wird, kennt sich Indigo schon aus. Neue, unbekannte Bereiche muss der Gleidinger aber zunächst ohne seinen Airedale-Terrier erkunden. „Später gehe ich mit Indigo dorthin und bringe ihr die entsprechenden Kennworte bei.“ Um Lichy zu führen, ist der Hund nämlich seinerseits auf Befehle angewiesen. Bevor der gebürtige Kölner im August 1988 nach Gleidingen zog, hatte er sich zunächst mit den Bedingungen vor Ort beschäftigt. „Ich habe geklärt, welche Einkaufsmöglichkeiten es hier gibt“, sagt er. „Ich musste ja sehen, ob ich auch ohne fremde Hilfe zurecht komme.“ Vor allem legte er auf nahe Einkaufsmöglichkeiten und eine gute Anbindung an den Nahverkehr wert. In Gleidingen fühlt sich der neu gewählte CDU-Ratsherr gut aufgehoben: „Da gibt es eigentlich keine Probleme.“ Ab und an müsse er Passanten erklären, dass sie seinen Hund nicht einfach streicheln dürfen. „Dadurch kann das Tier abgelenkt werden.“ Wenn er den Bügel in der Hand hält, mit dem ihn Indigo durch die Straßen führt, sei dies sogar absolut tabu. „Dann muss sie sich auf meine Kennworte konzentrieren“, sagt Lichy. Auch mit den Mitarbeitern im Einzelhandel hat er gute Erfahrungen gemacht. „In einem Supermarkt wurde sogar eine Kraft abgestellt. Sobald ich dort war, hat sie mir geholfen und sogar die Sonderangebote vorgelesen.“ Es gebe aber immer wieder Läden, in denen er sich durchsetzen müsse. „Dann muss man erklären, dass ein Führhund etwas anderes ist als ein normaler Haushund.“ In Hannover beispielsweise habe er schon böse Erfahrungen gemacht: „Ich bin schon ein paarmal rausgeflogen, weil ich Geschäfte mit meinem Führhund betreten habe“, sagt er. Beruflich kommt Olaf Lichy gut zurecht: Beim Studieninstitut des Landes Niedersachsen in Bad Münder hat er eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten absolviert. „Ich war da der einzige Blinde unter Sehenden und musste mir fast alles selbst erarbeiten.“ Seit 1994 ist Lichy beim Land angestellt. Er kümmert sich dort um verschiedene Projekte – unter anderem um die Einführung neuer Software und ums Personalmanagement. Heute hilft ihm eine spezielle Technik, seinen Beruf zu meistern. „Ein Scanner setzt die Vorlagen in Texte um. Der PC muss mir das vorlesen oder in Blindenschrift übersetzen.“

 

14.09.2011 / LKLN Seite 4 Ressort: LAAZ

 

 

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