Thüringer Allgemeine 25.09.2012

Sehbehinderte übten mit ihren Hunden im Schlosshotel von Behringen

  • Führhunde sind für Menschen mit einer Sehbehinderung eine große Hilfe im Alltag. Sie leiten sie unter anderem um Hindernisse herum. Die Ausbildung der Tiere ist intensiv - und teuer. Foto: Timo Götz Führhunde sind für Menschen mit einer Sehbehinderung eine große Hilfe im Alltag. Sie leiten sie unter anderem um Hindernisse herum. Die Ausbildung der Tiere ist intensiv - und teuer. Foto: Timo Götz
Frauchens Kopf verlor Max nicht aus dem Blick. Obwohl der Labrador-Rüde locker unter dem quer über den Weg gespannten Signalband hätte hindurchspazieren können, wählte der Hund den Weg um das Hindernis. So bewahrte der erfahrene Führhund die sehbehinderte Hiltraud Witzel davor, in Kopfhöhe hängenzubleiben.
Behringen. Nicht nur auf dem Hindernisparcours bewiesen acht Führhunde am Wochenende im Schlosshotel Behringen, wie unentbehrlich sie für ihre Halter sind, die entweder kaum noch etwas sehen oder ganz erblindet sind. Aber auch die 15 Menschen, die am Seminar der Fachgruppe Führhundehalter vom Blinden- und Sehbehindertenverband Thüringen teilnahmen, lernten, wie sie ihren tierischen Begleitern im Notfall helfen können. Tierärztin Cordula Schulz erklärte den Sehbehinderten, wie sie ihre Hunde mit Erster Hilfe retten können, sollten sich die Vierbeiner einmal ernsthaft verletzen. "So etwas ist in unserer Gruppe bislang zum Glück noch nicht vorgekommen", klopfte Walter Fischer von Vorstand der Fachgruppe für Führhundehalter auf Holz. Trotzdem sei es wichtig, solches Wissen immer wieder aufzufrischen, ist der Mitorganisator des Wochenendseminars überzeugt. Auch die Hunde, die während ihrer fast zweijährigen Ausbildung unter anderem 32 Befehle lernen, müssten ab und zu ihre Fähigkeiten neu trainieren, begrüßt auch Führhundausbilder Thomas Becher die Veranstaltung. "Im Alltag schleifen sich bei den Tieren Gewohnheiten ein, die nicht immer der Aufgabe der Hunde dienen", erklärte er.
Unter seiner Anleitung versuchten die Führgespanne in einem Parcours, kleine Fehler schnell zu erkennen und im Alltag nach Möglichkeit zu vermeiden. Für die Sehbehinderten hängt schließlich Leib und Leben davon ab, ob die Hunde ihre Aufgabe perfekt erfüllen. Beste Möglichkeiten, zu üben und außerdem die Gemeinschaft in der Gruppe zu pflegen, bescheinigten Walter Fischer, Conni Maaß und Ines Pötschke dem Hotel in Behringen. Als Vorstand der Fachgruppe haben sie vor, auch im kommenden Jahr wieder ein ähnliches Seminar hier zu veranstalten. Einladen wollen sie dann wieder Führhundehalter mit ihren Tieren aus ganz Thüringen. Ines Pötschke wird zu diesem Zeitpunk wohl wieder selbst mit einem Hund teilnehmen können. Die blinde Frau aus Lengenfeld/Stein hatte ihren treuen Begleiter der vergangenen Jahre kürzlich einschläfern lassen müssen. Inzwischen aber kennt die einzige Seminarteilnehmerin aus dem Unstrut-Hainich-Kreis bereits den Hund, dem sie künftig im wahrsten Sinne des Wortes blind vertrauen will. Ende diesen Jahres wird sie das Tier zu sich nehmen. Wie sehr der Führhund Menschen mit Sehbehinderung im Alltag fehlen kann, merkte auch Conni Maaß am Seminarwochenende. Ihre Bara hatte sich einen Muskelfaserriss zugezogen und musste sich im Hotelzimmer erholen. Prompt stürzte auch ihr Frauchen bei einem Abstecher auf dem Hotelgelände über ein unerwartetes Hindernis. Nicht umsonst würden die Krankenkassen die Hunde als Hilfsmittel finanzieren, erklärte sie. Ein fertig ausgebildetes Tier kostet allerdings auch etwa 25.000 Euro.

 

Timo Götz / 25.09.12 / TA