schwäbische Zeitung Bonnie weiß wo es lang geht

Stadtnachrichten Trossingen

Bonnie weiß, wo es lang geht
Löhrschüler lernen die Herausforderungen für Blinde kennen - Führhund mit dabei
Mit Brillen, die die Sicht nehmen, und Stöcken ausgerüstet versuchen die Löhrschüler sich zu orientieren.
Mit Brillen, die die Sicht nehmen, und Stöcken ausgerüstet versuchen die Löhrschüler sich zu orientieren. (Foto: Sabine Felker)

Von Sabine Felker

Trossingen Das Leben als Blinder in einer Welt von Sehenden ist nicht einfach, das macht Anna Kupferschmid, seit 38 Jahren blind und in der Vereinsarbeit für Blinde aktiv, den Schülern klar. Die Achtklässler staunen nicht schlecht, als sie erfahren, dass ein Lesegerät, mit dem Blinde Waren im Supermarkt erkennen könnten, 3500 Euro kostet. Für einzelne Produkte sei das Gerät praktisch, so Anna Kupferschmid. Bei größeren Einkäufen sei es jedoch zu langsam. „Aber da habe ich ja meinen Mann, der lesen kann“, stellt sie lachend fest. Im Alltag sind Blinde häufig von fremder Hilfe oder von technischen Geräten abhängig. Mit letzteren kann Anna Kupferschmid aber zum Beispiel problemlos Backzutaten abwiegen - eine sprechende Waage hilft ihr dabei. Ein kleiner Scanner, der Farben erkennt, hilft bei der Auswahl der Kleidung und ein Lesegerät kann ihr Bücher vorlesen.

Eine besondere Form der Unabhängigkeit hat sich für Gabriele Lenz durch ihren Hund Bonnie erschlossen. Der ausgebildete Blindenbegleithund übernimmt gerade im Straßenverkehr das Sehen für sie. „Natürlich muss ich ihr sagen, wo ich hin möchte“, sagt Gabriele Lenz. Nicht umsonst würden Hund und Mensch als Gespann bezeichnet. Während der Blinde das Ziel vorgibt und den Hund mit Richtungsanweisungen anleitet, muss der Vierbeiner dafür sorgen, dass der Blinde das Ziel sicher erreicht. „Die größte Herausforderung für Bonnie ist es, daran zu denken, dass mein Kopf viel höher ist als ihrer“, sagt Gabriele Lenz. Äste, die deutlich über Bonnie hängen, könnten für die Blinde direkt auf Gesichtshöhe sein. „Bonnie muss auch darauf achten, dass ich nicht stolpere“, sagt Gabriele Lenz und erklärt den beeindruckten Schülern. „Wenn sie sich plötzlich quer vor mich stellt, dann darf ich nicht weiter gehen.“ Denn so zeigt Bonnie an, dass sich ein Abgrund oder eine gefährliche Stolperfalle in unmittelbarer Nähe befindet.

Überhaupt sei es sehr wichtig, auf die Arbeit des Tieres zu vertrauen. „Man darf es nicht in eine andere Richtung zerren, nur weil man glaubt, den Weg besser zu kennen.“ Diesen Fehler habe sie nur ein mal gemacht und „das hat mir eine dreieinhalb stündige Tour eingebracht“, erinnert sie sich lachend. „Ich muss Bonnie natürlich sagen, wo ich hin möchte, aber wie sie den Weg läuft, wie sie Hindernisse zum Beispiel umgeht, das muss sie selbst wissen.“ Und auch wenn Bonnie über eine lange Zeit durch Profis ausgebildet worden ist und stolze 28000 Euro gekostet hat, „so ist sie trotzdem ein Tier“, zeigt ihre Besitzerin Verständnis dafür, dass „wenn ein Hase direkt vor der Schnauze auftaucht, auch ein Blindenhund nicht mehr zu halten ist“.

Und wie es ist, wenn plötzlich alles dunkel ist und zur Orientierung nur noch ein Stock bleibt, das durften die Schüler am Ende selbst ausprobieren. Heinz Birk erklärte den Jungen und Mädchen, wie das Laufen mit den Stock funktioniert. Bonnie blieb bei alle dem Trubel gelassen und bewies, dass Blindenhunde auch gerne gestreichelt werden.

(Erschienen: 22.01.2013 13:40)

Kommentar schreiben

Kommentare: 0