Herdecke - Blindenhund war nicht willkommen

 

 

(Bildbeschreibung)

Annika Waßmann mit ihrem Blindenführhund „Dolf“. Außerhalb der eigenen vier Wände liegt ihr Leben in seiner Hand.Foto: Theo Schmettkamp

 

Herdecke. Der schokobraune Labrador-Rüde „Dolf“ weicht seit fast einem Jahr nicht mehr von Annika Waßmanns Seite. Nur mit ihm kann die 30-jährige Herdeckerin sich auch außerhalb der eigenen vier Wände sicher überall hin bewegen; denn „Dolf“ ist ein ausgebildeter Blindenführhund. Nur in einer Arztpraxis stieß die Herdeckerin kürzlich auf massiven Widerstand, als sie nachfragte, ob sie beim nächsten Besuch ihren vierbeinigen Begleiter mitbringen könne.

 

„Ich habe mich beim ersten Praxisbesuch von meinem Vater bringen lassen, weil ich wegen Dolf fragen wollte“, berichtet Annika Waßmann. „Die Sprechstundenhilfe reagierte sofort total zickig und meinte, dass mein Hund nicht mit dürfte. Ich könne ihn ja draußen vor der Praxis anbinden“, so die Herdeckerin weiter. „Dann habe ich ihr erzählt, dass mein Leben in seiner Hand liegt, und dass er als Blindenführhund in jedes Geschäft und sogar mit ins Krankenhaus darf, aber sie ließ sich davon nicht beeindrucken.“ Sonderregelung für Führhunde

 

In ihrer Not rief Annika Waßmann den Ausbilder ihres Hundes in Niedersachsen an. Am Handy stärkte er der Herdeckerin den Rücken: Der Gesetzgeber habe für das Zutrittsrecht von Führhunden Sonderregelungen geschaffen. „Und er erinnerte mich auch daran, dass ich Dolf niemals irgendwo anbinden darf, weil ich sonst meine Aufsichtspflicht ihm gegenüber verletze. Das Tier kostet immerhin 22 000 Euro“, so die Herdeckerin.

 

In der Praxis bekam schließlich auch der Arzt, Dr. ThorstenLang, von der Auseinandersetzung etwas mit. „Er fuhr mich direkt an und sagte, der Hund dürfe nicht mit. In der Praxis würden ambulante Operationen durchgeführt, deswegen ginge das nicht. Mäuse, Katzen und Ratten dürften ja auch nicht in seine Praxis“, berichtet die Herdeckerin.

 

Dass es da aber wohl einen deutlichen Unterschied zu Führhunden gibt, das unterstreicht die Stellungnahme der Kreisverwaltung. „Für ausgebildete Führhunde sieht das Gesundheitsamt des Ennepe-Ruhr-Kreises keine Bedenken mit Blick auf die Hygiene in einer Praxis“, erklärte Ingo Niemann, Pressesprecher des EN-Kreises auf Nachfrage.

 

Auch Dr. Thorsten Lang hat mittlerweile einen andere Einstellung gewonnen.

„Wir hatten in dem Moment Wissenslücken“, erläutert er im Gespräch mit unserer Zeitung. Das müsse man ihm und seinem Team zugute halten. „Wir waren nicht im Recht, aber zu dem Zeitpunkt konnten wir das nicht wissen“, so der Mediziner. Er habe sich bei dem zuständigen Hygiene-Ingenieur informiert, der ihm erklärt habe, dass es keine Bedenken bei Führhunden in der Praxis gebe.“ Aber dass wir böse waren, das möchte ich bestreiten“, fügt Thorsten Lang hinzu.

 

Annika Waßmann hat sich derweil entschieden, ihre Probleme mit dem Handgelenk von einem anderen Orthopäden in Wetter behandeln zu lassen: Dort darf der zweijährige „Dolf“ in der Praxis hinterm Tresen warten, während Frauchen behandelt wird.

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